Lateinamerika gemein mit EU

Sonntag, 27. Januar 2013


27. Jan 2013 | 

Massive Differenzen zwischen EU und CELAC

Diplomaten berichten von Verhandlungen bis zur letzten Minute. EU-drängt auf Marktöffnung und will Verurteilung der US-Kuba-Blockade verhindern

Santiago de Chile. Bei dem ersten Gipfeltreffen zwischen der Europäischen Union und der Gemeinschaft Lateinamerikanischer und Karibischer Staaten (CELAC) in Santiago de Chile sind an diesem Wochenende erhebliche Meinungsverschiedenheiten zutage getreten. Nach Informationen teilnehmender Diplomaten sorgten vor allem unterschiedliche Konzepte in der Handelspolitik für Streit. Während die EU-Vertreter auf eine neoliberale Öffnung der Märkte drängten, forderten Staaten Lateinamerikas und der Karibik eine stärkere Kontrolle transnationaler Unternehmen sowie soziale Schutzmechanismen für die Bevölkerung. Für eine Überraschung sorgte Chile: Entgegen der Erwartungen legte ausgerechnet die wirtschaftsliberale Regierung von Präsident Sebastián Piñera Widerspruch zu EU-Positionen in der Handels- und Investitionspolitik ein.
In Santiago de Chile sind seit Freitag Vertreter aus 60 Staaten Lateinamerikas, der Karibik und der EU zusammengekommen. Vor allem für die krisengebeutelten Europäer ist das Treffen wichtig: Das Handelsvolumen mit den rohstoffreichen Staaten Lateinamerikas und der Karibik hat sich in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt. Mit einer Zunahme des Bruttoinlandsproduktes um 4,5 Prozent lag das Wachstum südlich der USA ebenfalls rund doppelt so hoch wie in der EU. Der Drang der Europäer, sich in Lateinamerika wirtschaftlich gesundzustoßen ist aber größer, als das Interesse in der Zielregion.
Nach diplomatischen Quellen in Santiago gab es schon im Vorfeld massive Differenzen, die sich auf dem Gipfel fortsetzen. Während die Mehrheit der CELAC-Staaten in der Gipfelerklärung einen Wandel in der Entwicklungszusammenarbeit, bei der Migrationspolitik und dem Klimaschutz festschreiben wollte, drängten die EU-Staaten fast geschlossen auf eine Öffnung der Märkte. Das Protektionismus-Thema hatte die verantwortlichen EU-Arbeitsgruppen in internen Debatten seit Wochen beschäftigt. Während die Europäer bei marktprotektionistischen Maßnahmen auf die Zielsetzung des "gegenseitigen Abbaus" in der Abschlusserklärung bestanden, verwiesen lateinamerikanische und karibische Verhandlungsführer auf die wirtschaftliche Ungleichheit. "Die Anerkennung der Asymmetrien zwischen beiden Regionen war bis zuletzt Gegenstand harter Debatten", sagte ein europäischer Diplomat in der Nacht zum Sonntag gegenüber amerika21.de.
Tatsächlich hatte die EU in ihren strategischen Planungen bis zur letzten Minute auf die neoliberal ausgerichteten Staaten der Pazifik-Allianz (Mexiko, Kolumbien, Chile, Peru) gesetzt. Doch ausgerechnet die chilenischen Vertreter strichen in den Verhandlungen um die Abschlusserklärung eine von der EU eingebrachte Passage im Handels- und Investitionsteil. Vor allem die deutschen Vertreter drängten nach internen Informationen daraufhin auf die Aufnahme marktliberaler Kernforderungen: Dazu zählte Berlin das Erfordernis stabiler und transparenter Rahmenbedingungen zur Förderung von Handel und Investitionen, die Verpflichtung zur "Bekämpfung von Protektionismus" und einen stärkeren Investitions

Das internationale Investitionsschutzregime hatte in den vergangenen Jahren immer wieder für Probleme zwischen Lateinamerika und westlichen Staaten gesorgt. Mehrere Staaten Lateinamerikas sind aus dem Investitionsschutzabkommen der Weltbank ausgetreten, weil die zuständige Schiedsstelle einseitig zugunsten transnationaler Konzerne geurteilt hatte.
Zahlreiche Diskussionspunkte spiegeln sich auch in dem Entwurf der Abschlusserklärung wider, der amerika21.de vorab vorlag. Darin drängten die CELAC-Staaten bereits in der Einleitung des Handelsteils auf die Verurteilung "unilateraler Maßnahmen mit extraterritorialem Charakter". Im nächsten Satz verweisen die lateinamerikanischen und karibischen Staaten explizit auf das US-amerikanische Helms-Burton-Blockadegesetz gegen Kuba. Dem Dokument zufolge drängte die EU auf Streichung beider Sätze.

Ecuador/Spanien: Einmischung in Herrenangelegenheiten

Donnerstag, 24. Januar 2013


(zas, 24.1.13) Ramiro Rivadeneira, der ecuadorianische Defensor del Pueblo, hat Spanien beim Strassburger Menschenrechtshof wegen Verletzung der Menschenrechte eines ecuadorianischen Migranten in der Folge der spanischen Bodenspekulationskrise eingeklagt. Es geht um Luis Solórzano, der 1999 im Gefolge der ecuadorianischen Finanzkrise nach Spanien vertrieben wurde, wo er bis 2008 auf dem Bau malochte. Ein Arbeitsunfall machte ihn arbeitsunfähig. In der Folge konnte er seinen Kredit für sein kleines Haus von €173‘000 bei der Bank Halifax Hispania (heute Lloyds) nicht mehr mit monatlich €640 „bedienen“. Zahlungsvorschlägen von Seiten der Familie Solórzano gegenüber zeigte sich die Bank verschlossen. Sie berief sich dabei auf eine Klausel im Kreditvertrag,  die der Bank das Recht geben soll, bei Zahlungsschwierigkeiten dem oder der KreditnehmerIn jeglichen Rechtsschutz zu nehmen. Feine Sache, verflüssigt das Geschäft. Damit aber, so der Defensor del Pueblo, werde Solórzano und weiteren 15‘000 EcuadorianerInnen in vergleichbarer Situation das Menschenrecht auf Rechtsschutz genommen. Die Hoffnung ist, dass das Strassburger Verdikt als positiver Präzendenfall zum Schutz dieser Leute dienen werde.
Familie Solórzano, Rivadeneira und links eine Frau von der spanischen Defensoría del Pueblo. Quelle: Defensoría, Ecuador.

Zur Kompetenz der Defensoría del Pueblo gehört die Verteidigung der Rechte der BewohnerInnen Ecuadors und – mit der neuen Verfassung – der „Rechte der Natur“, aber auch der emigrierten EcuadorianerInnen. Seit Dezember 2011 gibt sie zusammen mit der Botschaft in Madrid den in Spanien lebenden EcuadorianerInnen gratis Rechtsbeistand.
Am 21. Januar nun gab Rivadeneira, der Defensor, in der Madrider Secretaría Nacional del Inmigrante, eine Erklärung zum Fall ab. Vor einem von Präsident Rafael Correa firmierten Bild zum Thema: „Kein Mensch ist illegal“. Unterstützt wird Rivadeneira von der spanischen Defensoría del Pueblo. Am Abend des gleichen Tages war sein Besuch, zusammen mit dem ecuadorianischen Aussenminister Ricardo Patiño, im Protestcamp der von den Machenschaften der Bankia angegriffenen Menschen auf der Plaza de Celenque vorgesehen.
Ein Stück „Diplomatie von Volk zu Volk“, wie sie das linke lateinamerikanische Staatenbündnis Alba anstrebt. Da tauchen plötzlich kommune Menschen mit ihren sozialen Bedürfnissen in der Diplomatie auf!

Brasilien: Regierung köpft Landreform

Dienstag, 22. Januar 2013



(zas) „Die Landreform ist als Entwicklungspolitik aufgegeben worden, an ihre Stelle ist das Agrobusiness getreten“. So beginnt ein Artikel von Raúl Zibechi in der mexikanischen Zeitung „La Jornada“, der hier zusammengefasst wird.  Die PT-Regierung von Dilma Rousseff betreibe eine Veränderung des Landreforminstituts INCRA mit dem Ziel, „es zu dezentralisieren, um landbesitzende Bauern in Sachen Häuser, Strom und Produktionshilfe zu betreuen. Es geht, so das Blatt O Estado de São Paulo, um eine Verwaltungsmodernisierung des INCRA, die an eine sukzessive Änderung des Profils der Agrarreform  gekoppelt ist. Das kann zusammengefasst werden als Produktionsunterstützung mit Integration der Kleinproduzenten ins Agrobusinness (O Estado de São Paulo, 5.1.13)“.
Von 2011 bis 2012 sei das INCRA-Budget für Landenteignungen um 11.5 Prozent zurückgegangen, während der Posten für technische Assistenz um 123 Prozent zugenommen habe.  Das rechte Blatt aus der Wirtschaftsmetropole feiere das Ende einer Politik „ruraler Favelas“, als welche die legalisierten Siedlungen der Sozialbewegungen oft geendet haben.
„Seit Beginn der Regierung Lula vor zehn Jahren stellte das Agrobusness eine schlagende Option für den PT dar, mit dem Argument, dass der Export von ‚commodities‘ einen für das Land günstigen Handelsüberschuss generiert. Die Reprimarisierung der Exporte und der Rückgang der industriellen Exporte haben die Regierung nicht dazu bewogen, ihre Politik der Favorisierung des Agrobusiness als Lokomotive der Wirtschaft und der Transformierung der Agrarreform in eine Assistenzpolitik aufzugeben“.
João Pedro Stedile von der Landlosenbewegung MST „hat betont, dass 150‘000 Familien in Camps für Land kämpfen und vier Millionen arme Familien auf dem Land vom Sozialprogramm Bolsa Familia abhängen, um nicht Hunger zu leiden. Zudem werden 85 Prozent der besten Ländereien des Landes für GVO-Soja und –Mais und für Zuckerrohr verwendet; 10 Prozent der Eigentümer von mehr als 500 ha kontrollieren 85 Prozent der für den Export ohne Wertzuwachs bestimmten landwirtschaftlichen Produktion. Am Schlimmsten ist, dass Brasilien 5 Prozent der globalen Agrarproduktion erbringt, aber 20 Prozent der weltweit eingesetzten Agrarchemikalien verbraucht“.
Die Landpostorale CPT betont, dass „sich das Agrobusiness als erste Wahl der Regierung für die Landwirtschaft durchgesetzt hat und denunziert die Nichtbeachtung der traditionellen Völker, darunter die dreitausend Comunidades quilombas (Afrika-stämmig), wo sich die Gewalt des Agrobusiness konzentriert hat, um sie von ihrem Land zu vertreiben“.
Um diese neue Agraroffensive zu parieren, „wäre eine Welle der Mobilisierungen wie in der 1970 Dekade nötig.  Aber jetzt desartikulieren die Sozialmassnahmen die Bewegungen, wobei hinzukommt, dass ihnen höchstens Brosamen in Form von Produktions- und Wohnungskrediten offeriert werden … An dieser Stelle, denke ich, haben uns die zapatistischen Comunidades etwas zu lehren. Es ist nicht mehr möglich, auf den Staat als Garanten für Ernährung, Wohnung, Erziehung, Gesundheit und alles, was die Volkssektoren fürs Überleben brauchen, zu zählen. Diese Epoche ist Geschichte, beerdigt vom Kapital, als es beschloss, sich des Wohlfahrtsstaats und der nationalen Souveränität als störende Elemente für die Kapitalakkumulation zu entledigen, die heute Akkumulation mittels Krieg ist. Die Bewegungen, die weiter auf den Staat setzen, um die Lebensprobleme ihrer Mitglieder zu lösen, sind dazu verurteilt, ihren antisytemischen Charakter zu verlieren“.
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(Kommentar ZAS) Die Tendenz der PT-Agrarpolitik, BäuerInnen zu neuen Peones des Grosskapitals zu machen, wird von der brasilianischen Linken schon lange kritisiert. Sie ist nun gewissermassen offizialisiert worden.  Eine im Kern enorm brutale,gewalttätige Politik, wie sie im städtischen Bereich als „Modernisierung“ mit Blick auf den aufziehenden Olympiaden- und WM-Terror umgesetzt wird (vgl. „Wir haben einen unerklärten Krieg, es ist ein Klassenkrieg“) . Die Schlussfolgerung Zibechis, ganz auf seiner „autonomistischen“ Linie, dass für eine Veränderung die Bewegungen besser den Staat vergessen und auf Eigenhilfe setzen, ist allerdings gefährlich. Er verweist auf die zapatistischen Mobilisierungen von Ende 2012 (s. die Blogeinträge von Dezember), die immer mehr als Chiffre für eine Leistung herhalten, die zumindest nicht belegt ist. Das tut der Grossartigkeit dieser Mobilisierung keinen Abbruch. Aber die PT-Politik tut etwa auch der Grossartigkeit der Mobilisierungen vom 10. Januar 2013 in Venezuela für den „chavistischen“ Gehalt der dortigen Revolution und „ihres“ Staates keinen Abbruch. Es ist gefährlich, heute schon in der Praxis ein „Absterben des Staates“ zu postulieren, von dem keine Spur zu sehen ist. Die Frage liesse sich ja auch anders stellen: Was ist zu tun, damit ein Staat/eine Regierung nicht wie in Brasilien die Kapitalrationalität über die Unterklassen stellt?  Natürlich gibt es zahllose Beispiele für Bewegungen, die sich in staatlichen Abläufen aufreiben oder umkehren liessen. Diese Gefahr droht entsetzlich real. Sie ist nicht damit aus der Welt geschafft, dass sie verdammt wird. Nicht damit, dass die Dynamik in fünf autonomen Gemeinden in Chiapas mystifiziert wird. Wir sollten nicht den Weihnachtsbaum mit Wünschen schmücken, sondern uns denen anschliessen, die praktisch versuchen, die beiden Wege, die jeder für sich allein zwangsläufig zu Irrwegen werden, zu kombinieren.

Paraguay: Wenn Rechte sich als Linke gebärden...


16. Jan 2013

Präsidentschaftswahlkampf in Paraguay beginnt

Anibal Carrillo Iramain als Präsidentschaftskandidat der Frente Guasú bestätigt. Linke in Paraguay weiter gespalten

Asunción. Drei Monate vor der entscheidenden Präsidentschaftswahl in Paraguay scheint die Spaltung der links- und mitte-linksgerichteten Kräfte unumkehrbar. Am vergangenen Sonntag wurde Anibal Carrillo Iramain als Präsidentschaftskandidat der Frente Guasú, einem Zusammenschluß aus linksgerichteten Parteien und sozialen Organisationen, bei internen Wahlen bestätigt. Sein unmittelbarer Gegenspieler ist Mario Ferreiro, ehemaliger Radiomoderator und bis zum Putsch gegen Ex-Präsident Fernando Lugo aussichtsreichster Präsidentschaftskandidat der Frente Guasú.
Nachdem Lugo mittels eines parlamentarischen Staatsstreichs im Juni vergangenen Jahres seines Amtes enthoben wurde, bestand die Notwendigkeit einer Neuorganisierung der linksgerichteten Kräfte, um bei den bevorstehenden Wahlen eine größtmögliche Anzahl an Senatssitzen zu erreichen. Die Regierung unter Fernando Lugo war in wesentlichen Bereichen handlungsunfähig gewesen, da sie weder im Parlament noch im Senat über die erforderliche Mehrheit verfügte. Ferreiro, jetzt Präsidentschaftskandidat der Partei Avanza Pais, war mit der internen Umstrukturierung nicht einverstanden und spaltete sich mit seinen Anhängern ab.
Anibal Carrillo, Kinderarzt und seit seiner Jugendzeit politisch aktiv, ist Vorsitzender der Volkspartei Tekojoja, der überwiegend Menschen der ärmeren Bevölkerungsschichten und Indigene angehören. Große Bedeutung hat für Carrillo die Unabhängigkeit der Länder Lateinamerikas und der Karibik vom US-amerikanischen Einfluss auf dem Kontinent. Mit Blick auf den CELAC-EU-Gipfel Ende Januar in Chile betonte er die Bedeutung der politischen und ökonomischen Souveränität der Länder dieser Region. Ausdrücklich begrüßte er die kommende Übernahme der CELAC-Präsidentschaft in diesem Jahr durch Kuba und kritisierte den früheren Ausschluß Kubas aus der Organisation Amerikanischer Staaten auf Betreiben der USA.

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Entgegen der Aussage des Präsidentschaftskandidaten der Radikal-Liberalen Partei (PLRA), Efraín Alegre, und im Gegensatz zu Ferreiro distanziert sich Carrillo eindeutig von den Putschisten und schließt jegliche Koalition mit ihnen aus.
Deutliche Kritik übt Carrillo an den Geheimverhandlungen der De-facto Regierung von Federico Franco mit dem multinationalen Konzern Rio Tinto Alcan. Diese Verhandlungen wurden unter Ex-Präsident Lugo unterbrochen, da keine Einigung über den Strompreis und die Einhaltung von Umweltmaßnahmen erzielt wurde. Carrillo fordert die Offenlegung aller bisherigen Absprachen und eine Einbeziehung des paraguayischen Volkes bei Entscheidungen über einen eventuellen Standort des Konzerns.

Mali-Reader

Freitag, 18. Januar 2013


(zas, 18.1.13) Das Desinfo-Management zum Krieg in Mali greift.

Heute kann man auf der Homepage von „Le Monde“  (L'armée malienne affirme avoir repris le contrôle de Konna)lesen, dass es vor der Rückeroberung der Stadt Konna aus den Händen jihadistischer Kräfte zu Bombardierungen gekommen ist. Nähere Angaben dazu fehlen. Bei dieser Gelegenheit wird sogar auf die übliche Formulierung von ins Visier genommenen „Kommandozentralen“ oder Versorgungslager des Feindes verzichtet. Man vergleiche diese „Anteilnahme“ mit jener an den Bombardierungen in Aleppo. Wir erfahren auch, dass „Médecins sans Frontières“, die vor dem Beginn der französischen Offensive sowohl im Norden wie im Süden arbeiten konnte, jetzt vergeblich um humanitären Zugang zur französisch kontrollierten Kriegszone ersucht.

Details, wo es doch Erregendes von der aus Algerien zu berichten gibt. Das Schicksal weisser Geiseln in den Händen faschistischer Gruppen ist bei weitem relevanter als das ganzer malischer Stadtbevölkerungen. Für die tut ja die Force de Frappe genug!
Morgen, übermorgen, wird der Krieg in Mali wieder die Schlagzeilen liefern – wenn er nämlich, um richtig gewonnen werden zu können, auf die Nachbarregionen ausgeweitet werden „muss“.
Hier vorerst nur einige Lesetipps als etwas Hintergrundinformation. Wir verweisen auch auf die beiden Stellungsnahmen aus Mali, die wir früher in diesem Blog gepostet haben.
Benghazi, August 2011: Bis auf das Bild des Verdankten auch für das Gesxchehen in Mali heute aktuell

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Soziale Bewegungen in Mali kämpfen um nicht weniger als die Macht

ak – analyse & kritik – zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 578 / 21.12.2012
Anfang 2011 brach im Norden Malis ein Aufstand der Tuareg aus. Nach anfänglichen Erfolgen wurden die Tuareg im Juni von islamistischen Milizen besiegt, die ihrerseits ein brutales Scharia-Regime errichtet haben. Gleichzeitig ringen in Bamako alte Eliten und soziale Bewegungen um die Macht. Olaf Bernau sprach mit Ousamane Diarra aus Bamako über die aktuelle Dreifachkrise – beide sind bei Afrique-Europe-Interact aktiv.

Die schwindende Macht der alten Männer

WOZ Nr. 02/2013 vom 10.01.2013

Mali

Die schwindende Macht der alten Männer


Vor einem Jahr begann Malis Staatskrise durch den Angriff von Tuaregsöldnern auf die malische Armee. Heute ist das Land gespalten, aber die Menschen schlagen sich mit Stolz und Gleichmut durch. Notizen von einer Reise durch die malische Krise.
Von Charlotte Wiedemann, Bamako


von Helmut Dietrich, in: inamo 72 (2012)
In den nordafrikanischen Internet-Foren schreibt man bereits über die neuen Grenzanlagen, die in Südalgerien entstehen: Die Rede ist von einer Abschottung in den Dimensionen der US-Grenze gegenüber Mexiko. In der Tat drängte die US-Staatssekretärin Hillary Clinton bei ihren Besuchen in Algier 2005 und erneut Ende Oktober 2012 zur Schließung der algerischen Südgrenze. Dieses Mal scheint die US-Regierung Erfolg zu haben. Die algerischen Militärs fürchten die Ausbreitung der nordmalischen Touareg-Aufstände. Die Unruhen könnten auf Algerien übergreifen, sollte es zur internationalen Militärintervention unter US- und EU-Kommando in Nordmali kommen.

Die französische Militärintervention in Mali kam nicht unerwartet. Frankreich hat diese Option seit vielen Monaten vorangetrieben. Diese Rolle eines Vorreiters mag den Uraninteressen Frankreichs in Nordmali und gewissen neokolonialen Traditionen geschuldet sein – die militärische Option liegt aber nicht minder im Interesse der in der ECOWAS verbundenen Regimes der afrikanischen Nachbarstaaten, der EU und der USA. Offenbar ist es Hollande nun gelungen, nun auch das algerische Regime, das sich in den Zeiten der Arabellion durch geschicktes Changieren an der Macht halten konnte, mit ins Boot zu holen


Le Mali en miettes. À qui le tour?

Professeur Chems Eddine Chitour
Ecole Polytechnique enp-edu.dz

Chile: Mapuchehatz nach Mord an Grossgrundbeistzer

Donnerstag, 10. Januar 2013

8. Jan 2013 | Chile | Menschenrechte | Politik

Chile: Großgrundbesitzer sterben bei Brandanschlag

Regierung beschuldigt Mapuche-Aktivisten und wendet Antiterrorgesetz an. Opfer standen mit Repression gegen Indigene in Verbindung

Vilcún, Chile. In Chile ist in Folge eines Brandanschlags ein aus Europa stammendes Großgrundbesitzer-Ehepaar ums Leben gekommen. Die Eheleute Bernard Luchsinger und Vivianne McKay starben vergangenen Freitag in ihrem Haus in der südchilenischen Region La Araucanía. Bernard Luchsinger stammt von deutsch-schweizerischen Einwanderern ab. Vertreter der Regierung beschuldigen Angehörige der Mapuche-Volksgruppe, den Anschlag begangen zu haben, da der Grundbesitz der Familien seit langem von den indigenen Gemeinden beansprucht wird.
Nach Darstellung der Polizei sollen Vermummte in den frühen Morgenstunden das Feuer gelegt haben. Ein Machi, wie die männlichen oder weiblichen Schamanen der Mapuche genannt werden, wurde von der Militärpolizei festgenommen und mit einer Schussverletzung ins Krankenhaus gebracht.
Chiles Präsident Sebastián Piñera reiste noch am Freitag in den Süden Chiles und gab bekannt, dass erneut das Antiterrorgesetz gegen die Täter angewendet werden wird. Dieses Vorgehen stößt auf Kritik bei Menschenrechtsorganisationen. Roberto Garretón, Berater des Nationalen Instituts für Menschenrechte (INDH), versicherte, dass in diesem Fall kein terroristisches Verbrechen vorliege, da nicht erkennbar sei, dass mit der Tat Terror innerhalb der Bevölkerung provoziert werden solle.
Am Tag vor dem Brand fanden landesweit Demonstrationen statt, um an den Tod des Mapuche- Studenten Matías Catrileo vor fünf Jahren zu erinnern. Matías Catrileo war auf einer der Terrains der Familie Luchsinger durch einen Schuss in den Rücken von einem chilenischen Polizisten getötet worden. Am Ort des Brandes sollen Flugblätter gefunden worden sein, die auf den Tod von Catrileo Bezug nehmen. Der Konflikt zwischen Großgrundbesitzern und der indigenen Bevölkerung im Süden Chiles geht bis ins Jahr 1883 zurück, als die Mapuche von der chilenischen Armee besiegt und in Reservate gesperrt wurden. Chilenische und ausländische Siedler wurden gezielt angeworben, um die traditionellen Territorien der Indigenen zu bevölkern. Die Marginalisierung der Mapuche in den Reservaten verschlimmerte sich noch, da die Siedler sich Land der Reservate illegal aneigneten und legalisieren ließen. Im Jahre 1906 erwarb die Familie Luchsinger 60 Hektar Land in Vilcún von einem deutschen Einwanderer und vergrößerte ihren Grundbesitz später auf bis zu 1.200 Hektar.
Der Direktor des Programms für indigene Rechte der Organisation Fundación Chile 21, Domingo Namancura, betonte, dass die Mapuche keine Schuld an den Ereignissen trifft. In einem Gespräch mit CNN-Chile zeigt er sich davon überzeugt, dass die Täter keine Beziehung zu den kulturellen und religiösen Werten der Mapuche hätten, da Respekt und Achtung vor dem menschlichen Leben für sie essentiell seien. Auch eine indigene Organisation kritisiert die vorschnelle Beurteilung der Tat als einen Terroranschlag durch Mapuche-Aktivisten sowie die Anwendung des Antiterrorgesetzes, das der Polizei umfangreiche Vollmachten erteile, hieß es in einer veröffentlichen Erklärung.
Nach dem Brandanschlag führte die Militärpolizei gewaltsame Razzien in den Reservaten der Region durch. Die Razzien fordern bereits jetzt Verletze auf Seiten der Indigenen.

Inhaltsverzeichnis Correos 172, 14.12.12

Montag, 7. Januar 2013


Die Artikel aus
Correos 172
14. Dezember 2012